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DANI DAPHNE

Kein Hund, keine Katze – nein, ein Affe sollte es sein! Das hatte sie sich in den Kopf gesetzt. Und weil das Kind partout nicht davon abzubringen war, fuhr der Großvater kurzerhand mit ihr in den Halleschen Zoo. Dort erklärte ihr der Zoodirektor, warum Affen so gar nicht als Haustiere geeignet sind. Dann erst gab sich das dickköpfige Kind einsichtig.

Diese Anekdote aus ihrer Kindheit hat Dani Daphne auf einer Holztafel festgehalten, die Teil der Arbeit Naturtrüb ist. Auf der Tafel sieht man kleine goldfarbene Äffchen mit Bananen jonglieren. Die Illustration erinnert an Tapetenrapporte mit Tier- oder Märchenmotiven, wie sie sich in Kinderzimmern finden.

Naturtrüb versammelt mehrere bemalte Holztafeln verschiedener Formate in einem Rahmen. Formal mutet die Arbeit wie eine Pinnwand oder ein Setzkasten an. Jedes Bildmotiv entstammt einer Erinnerung Dani Daphnes. Neben den Äffchen sind dort gesichtslose Figuren mit verschränkten Armen in Badeanzügen zu sehen, ein goldenes Platzdeckchen, eine Meerjungfrau-Karikatur, ein knospender Nussbaumzweig, ein Meerschweinchen und eine Ansammlung von Süßigkeiten. Lediglich das aus der Mode gekommene Muster der Badeanzüge, die Chochloma-Becher und der Schriftzug „Hollywoodschaukel“ verweisen dezent auf einen bestimmten historischen Zeitabschnitt, in der sie sich einer besonderen Beliebtheit erfreuten. Neben dem persönlichen Erinnerungswert, den sie für Dani Daphne haben, lassen die Motive und ihre Darstellung weitere Kontextualisierungen zu.

In der bildenden Kunst ist die Ikonografie der vier Jahreszeiten eng verbunden mit den Darstellungen der Lebensalter des Menschen. Der Frühling, in dem die Natur neu zu sprießen beginnt, signalisiert den Anfang des Lebens und wird mit der Kindheit des Menschen gleichgesetzt. Dementsprechend stehen der Sommer für die Jugend, der Herbst für das mittlere Lebensalter und der Winter für das Greisenalter. Daran anknüpfend wurden die Jahreszeiten häufig personifiziert oder als typisierte Landschaft dargestellt. So erscheint der Frühling mitunter in Gestalt einer jungen schönen Frau, die mit Blumen geschmückt ist. Reife Früchte und Kornähren sind die Attribute des Sommers.

In Naturtrüb vermitteln der knospende Nussbaumzweig und das Ährenfeld ebenfalls eine frühlingshafte und sommerliche Atmosphäre. Diese wird zusätzlich getragen von den Farben Grün und Gold, die im Bild dominieren. Der grüne Hintergrund verortet die Szenerie in der freien Natur. Das Grün durchdringt regelrecht die Körper der Badenden. Die Natur hat die Körper ‚eingetrübt‘. Oder sind die Badenden mit ihr verschmolzen? Das goldene Platzdeckchen erinnert an eine Sonne – eine gleißende Sonne wohlgemerkt, die im Kontrast zum dumpfen Grün des Hintergrundes den Eindruck sengender Sommerhitze vermittelt. Das Gold der Sonne wiederholt sich im Tapetenrapport und im Blattdekor der Chochloma-Becher. Goldene Äffchen, ‚goldene Becherchen‘ und ein Berg Süßigkeiten, deren Zuckerguss verführerisch klebrig glänzt! Frühling, Sommer, Baden, Heiterkeit! Dani Daphnes allegorische Arbeit reiht sich ein in eine kunstgeschichtliche Tradition, in der Kindheit und Jugend als heitere Lebensalter gelobpreist werden.

Für ihre Illustrationen wählt Dani Daphne bevorzugt humorvolle Themen, die in ihrer Präsentation eine gewisse Doppelbödigkeit aufweisen. In Harald und Regina liefern sich ein Mann und eine Frau eine Tortenschlacht. Die Plastikstühle, hinter der die Frau sich duckt, lassen an eine Kleingartensiedlung denken, in welcher der eheliche Kleinkrieg ausgetragen wird. Der Stummfilm führte die Tortenschlacht ein, um eine Figur in ihrem überzogenen gesellschaftlichen Habitus bloßzustellen. In Sascha trägt ein blondes Mädchen einen riesigen Ball aus Kuchenstücken und Süßigkeiten. Will sie jemanden bewerfen oder wird sie selbst davon erdrückt? Süßes statt Goldtaler regnet es auch auf Das Tortentalermädchen herab. Anders als im Grimm‘schen Märchen vom „Sterntaler“ stellt sich hier die Frage, ob der Segen nicht eher ein Fluch ist.

Dani Daphne wurde 1978 in Halle (Saale) geboren. Sie studierte Design an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Seit 2009 lebt und arbeitet sie in Berlin.

(Text: Franziska Lietzmann)